Ein Projekt der Flüchtlingshilfe Neu-Isenburg und „Demokratie leben!“
„Wie können wir Kontakt halten zu den Geflüchteten, wenn wir uns nicht mehr persönlich treffen können?“, fragten sich im Frühjahr 2020 etliche ehrenamtliche Patinnen und Paten von geflüchteten Familien in Neu-Isenburg. Direkte persönliche Begegnungen waren aufgrund der Coronapandemie unterbunden, das „Café Grenzenlos“ als Treffpunkt für einen ungezwungenen Austausch abgesagt, der wöchentliche Sprachtreff eingestellt. Doch der Austausch zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Sprachen lebt von einem lebendigen Miteinander. Fällt dieser weg, bauen sich die Hürden fehlender digitaler Teilhabe für Geflüchtete zu unüberwindbaren Mauern auf – Mauern, die einer gelungenen demokratischen Teilhabe und sozialen Integration entgegenwirken und den Aufbau von Parallelwelten begünstigen.
So entstand die Idee der Flüchtlingshilfe Neu-Isenburg, ihre seit Jahren bestehenden Patenschaften auch in die digitale Welt auszuweiten. Dank der Unterstützung durch Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ der „Partnerschaft für Demokratie Neu-Isenburg“ wurde das Projekt „Interkultureller Austausch und digitale Teilhabe junger Geflüchteter stärken“ in Kooperation mit der VHS Neu-Isenburg gestartet. Zwanzig Tablets mit Tastatur wurden angeschafft, professionell mit den notwendigen Programmen und Lernsoftware eingerichtet sowie mit eigener Mailadresse versehen und an Neu-Isenburger Geflüchtete ausgeliehen – darunter acht Schüler*innen, drei Auszubildende und vier junge Erwachsene.
Voraussetzung für die Vergabe der digitalen Geräte sind Tandem-Patenschaften sowie die Mitwirkung sogenannter Coaches. Diese gewährleisten einen kontinuierlichen Austausch mit den Nutzerinnen und Nutzern, geben Hilfestellungen und Tipps zum Lernen und tragen so dazu bei, die Tablets als Handwerkszeug zum Lernen, Arbeiten und vor allem zur Teilhabe am demokratischen gesellschaftlichen Diskurs einzusetzen.
In einer ersten Schulung in der VHS Neu-Isenburg erarbeitete der Coach Justin Düttmann gemeinsam mit fünf Schüler*innen erste Wissensbausteine zur Sicherheit und zu den Gefahren im Internet – Themen, die unverzichtbar sind für eine sinnvolle Internetnutzung, aber vor allem auch zur Prävention antidemokratischer Ideologien, religiöser Extremismen und Fake-News, die im Internet gerade in Zeiten von Corona Hochkonjunktur haben.
Und was fangen die jungen Geflüchteten in Neu-Isenburg seitdem mit ihren „Minicomputern“ an? Sie kommen gut zurecht, selbst Grundschüler haben die Tasten und richtigen Klicks sofort raus. Die Schülerinnen und Schüler nutzen die Geräte zu Hause für ihre Hausaufgaben, haben inzwischen auch Zugang zu schulinternen Lernplattformen und somit direkten Zugriff auf ihr Unterrichtsmaterial. Eine Schülerin der Brüder-Grimm-Schule nutzt die Tastatur bereits, um das Zehn-Finger-Schreibsystem zu erlernen. Eine Auszubildende als Altenpflegehelferin schreibt ihre Hausaufgabe zum Thema Pflegeprozess auf dem Tablet. Und ein Schüler der Goethe-Schule bereitet eine Buchpräsentation mithilfe des Internets in PowerPoint auf dem Tablet vor. Ein junger Erwachsener lernt mit seiner Patin via Skype Deutsch.
Das Projekt wird fortgesetzt, solange die Lernenden die Unterstützung brauchen und die Tandem-Patenschaften eine sinnvolle Nutzung der digitalen Geräte begleiten und gewährleisten.
Informationen zu den Fördermöglichkeiten durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ erteilt der Leiter der Koordinierungs- und Fachstelle der „Partnerschaft für Demokratie Neu-Isenburg“, Janoš Klocke. Herr Klocke ist telefonisch unter 0152-32181727 sowie per E-Mail an Janos.Klocke@awo-of-land.de zu erreichen.