Dankesrede von Michael Kaul anlässlich der Verleihung des Preises am 24. Juli 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Neubürger,
liebe Freunde der Flüchtlingshilfe,
60 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Sie sind gezwungen, ihre Heimat, ihre Familie, ihre Freunde zu verlassen. Nur wenige schaffen es nach Europa oder gar Deutschland. Kaum jemand wird das Ziel Neu-Isenburg gehabt haben.
Im Namen aller, die sich hier in unserer Stadt für diese Flüchtlinge einsetzen, ihnen helfen, zur Ruhe zu kommen, um schließlich in Neu-Isenburg ihre neue Heimat zu finden, möchte ich mich für die Verleihung des Integrationspreises bedanken.
Wir sehen diesen Preis als eine Würdigung der Arbeit an, die die Flüchtlingshilfe seit nun schon 31 Jahren leistet und natürlich als Ansporn, in diesem Sinne weiter zu arbeiten.
Ich freue mich besonders, dass einige, die sich schon in den 80er und 90 Jahren bei uns engagiert haben, heute hier sind.
Meistens heißt es: „früher war alles besser“, nein, das trifft hier nicht zu. „Willkommenskultur“ war damals ein gänzlich unbekanntes Wort. Die Gründer der Flüchtlingshilfe wollten 1986 genau das: Den Menschen zeigen, dass sie hier willkommen sind. Und ich glaube, das ist uns auch gelungen. Die meisten Flüchtlinge dieser Jahre sind sehr gut integriert. Die Kinder haben die Schule mit teils hervorragenden Leistungen abgeschlossen. Manche haben studiert oder gar promoviert.
Eine junge Frau, die sich heute mit uns in der Flüchtlingshilfe engagiert, war als kleines Mädchen mit auf Familienfreizeiten, die wir organisierten – besser geht es nicht.
Im Herbst 2013 wurde bekannt, dass der Kreis Offenbach in zwei Neu-Isenburger Hotels Flüchtlinge untergebracht hatte. Frau Paola Fabbri-Lipsch, die Integrationsbeauftragte der Stadt, sprach mich an und wir besuchten die meist jungen Menschen. Schon bald ging auch unser Bürgermeister Herbert Hunkel in die Hotels, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen. Er lebt diese „Willkommenskultur“ und wirbt für sie. Hierfür sind wir ihm sehr, sehr dankbar.
Zu einem ersten Informationsabend der Stadt kamen etwa 80 Bürger. Viele von diesen arbeiten heute in der Flüchtlingshilfe, andere kamen später dazu.
Und es tut sich viel: Sprachtreffs wurden organisiert. Im „Café Grenzenlos“ treffen sich monatlich Alt- und Neubürger, es gibt eine Fahrradwerkstatt, Radtouren zeigen kurze Wege z.B. zum Kreishaus nach Dietzenbach, nach Frankfurt und Offenbach. Einige Helferinnen engagieren sich in Patenschaften. Wenn nötig begleiten wir Flüchtlinge zu Ärzten oder Behörden, helfen bei Umzügen und und und …
An Infoständen, mit eigenen Veranstaltungen und in Schulen versuchen wir, die Situation der Flüchtlinge hier bei uns und in ihren Heimatländern darzustellen, um so für Verständnis und Akzeptanz zu werben.
Wir sind zur Zeit dabei, unsere Arbeit optimaler zu strukturieren und werden dies auf unserer Internetseite darstellen. Dies hilft neuen Helferinnen und Helfern, das für sie passende Engagement zu finden.
Einer unserer fleißigsten Helfer, Alexander Gerstenberger-Vogt, wurde inzwischen beim Sozialamt der Stadt Neu-Isenburg angestellt. Dies sehen wir als Glücksfall für die Flüchtlingshilfe, die Stadt Neu-Isenburg und vor allem für die Flüchtlinge. Die Zusammenarbeit mit der Stadt klappt reibungslos. Wir finden immer ein offenes Ohr.
Das Hauptproblem ist die Unterbringung der Flüchtlinge. Hier muss weiterhin alles getan werden, um große Sammelunterkünfte am Stadtrand oder im Industriegebiet zu vermeiden. Solche würden die Menschen, die hier Zuflucht suchen, isolieren und ausgrenzen. Eine Integration ist so kaum möglich.
Die Flüchtlingshilfe ist konfessionell und politisch unabhängig. Wir pflegen enge Kontakte zu den Kirchengemeinden und Moscheen in Neu-Isenburg. Bei ihnen sind wir mit unseren regelmäßigen Treffen zu Gast. Drei Kirchengemeinden gewährten Flüchtlingen Kirchenasyl und konnten so Abschiebungen nach Italien und Ungarn verhindern.
Sehr viel Hilfe erfahren wir auch durch Neu-Isenburger Firmen. „Café Ernst“, der „Treffer“ und der „Dorschtlöscher“ unterstützen das „Café Grenzenlos“. Andere stellen Praktikumsplätze zur Verfügung oder sammeln Spendengelder für uns.
Ganz wichtig ist es mir, mich auch bei unseren Flüchtlingen zu bedanken. Durch Euch lernen wir andere Kulturen und Denkweisen kennen und genießen Eure Gastfreundschaft. Ihr seid immer bereit, mit anzupacken, z.B. bei dem Projekt „Hilfe für Beregovo“ oder beim Blumenzwiebel-Pflanzen. Und – die allermeisten von Euch sind einfach nett. Wir haben mit Euch Menschen nach Neu-Isenburg bekommen, auf die wir stolz sein können.
Michael Kaul